Das Wochenende beginnt heute mit dem Magazin (tut bei mir ohne Flash nicht) und mit der Erkenntnis von — dem ab und zu auch bloggenden — Edgar Schuler: Die Zeitung lebt. So muss ich, in der Sprache von Herrn Schuler mutmasslich “blökender” Blogger (so im letzten Satz), wohl oder übel schnell in die Tasten hauen.
In Ultrakurzform steht im Artikel, dass Internet-Gurus sich mit der Aussage irren, Zeitungen seien dem Untergang geweiht. Als böses Beispiel gilt Vint Cerf der gesagt habe, das Problem der gedruckten Zeitungen sei zu wenig Platz für alle hochwertigen Informationen. So wie ich Vint erlebt habe, wird er an einem Vortrag wohl kaum einen einzelnen Satz gesagt haben… Der Artikel baut darauf auf.
Wenig Platz sei gut, weil wir heute eine Informationsüberflutung erleben. Hier wird neben der “schlanken” NZZ am Sonntag (habe ich da eine Knacks in der Linse?) als stichhaltiges Beispiel der grosse Erfolg der Pendlerzeitung 20 Minuten erwähnt. Diese sei eben eine Kompaktzeitung und deshalb so erfolgreich. Aha. Als Beispiel für die Informationsüberflutung wird ein Tagesablauf skizziert mit Radio beim Zähneputzen, Google News im Büro, den Briefkasten am Abend, den iPod beim joggen und den Fernseher zum Schluss.
Das ist ja wohl spannend beim Herrn Schuler. Am morgen keinen Zeitung im Briefkasten, iIm Büro nur Google News (das stelle ich mir dröge vor) und auf dem iPod hat es auch nur Informationen (stimmt ja bin binär gesehen auch). Bei mir hat ea auf dem iPod Musik und zwar solche die ich schon kenne, weil ich sie gekauft habe 😉
Was für ein einleuchtender Artikel!
Und jetzt bitte ich. Selbsternannter nicht (Internet-)Guru, aber Mensch der eher in der Gegenwart lebt. Zuviel Information? Wenn es nur die Quellen von Herrn Schuler wären, wäre es mir langweilig. Zeitungen tot? Habe ich nie gesagt und meine ich auch nicht. Kaputt ist das Geschäftsmodell der Finanzierung und das nicht zu schlecht. Zumindest, wenn an den vor hundert Jahren gültigen Werbeformaten festgehalten wird. Herr Schuler, wie finanziert sich das Magazin genau? Qualitätsjournalismus ja und gerne aber wer bezahlt.
Und dann Ihr Argument, dass das komplexe technische und soziale System der Zeitung und ihrer Redaktion noch jedem Blogger überlegen ist. Grundproblem sind wahrscheinlich die Konzepte “technisch komplex und sozial komplex”. Wer bestimmt genau, was in die Zeitung kommt? Redaktion, Journalist, Werbeleiter oder…? Und ist die Zeitung auch dort, wo die Information entsteht. Beispielsweise das Leben lang in der Pariser Banlieu als Einwohner, oder in der U-Bahn während den Anschlägen in London oder dort, wo die Tsunami-Welle anrollt? Nein. Wir sind es. Alle Menscher diese Erde die — aus Ihren Augen — ab und zu blöken wollen. Möglicherweise gar am Stammtisch.
Und dann fehlen bei Ihren Zeilen die zeitliche Komponente und die Macht der schnellen Verteilung. So könnte es auch sein, dass sie gewisse Geschichten gar nicht mehr schreiben müssen, da exzellente Journalisten (auch die gibt es es online) die Geschichte bereits in die ganze Welt getragen haben. Das schonen wir Ihren Baum doch lieber und drucken diese Zeile nicht nochmals.
Und was ist mit Interaktion, Dialog ode mit der selektive Auffindbarkeit der Information. Nun ja. Ich empfehle ihnen mal die folgende Website (hat auch Dokumente zum ausdrucken): “Blogging, Journalism & Credibility”, Januar 2005.
Gruss und ein schönes Wochenende.
Hier der Artikel als Scan [pfd, 300KB]$
[Nachtrag: Eine Online-Replik von Herrn Schuler: Wie man sich selbst ad absurdum führt – zum Preis einer jahrlichen Nusstorte]
It's the Business Model, Edy!
I
Neu heisst das “Zweitverwertung auf Papier”.
Habs schon bei Andreas und mir erwähnt: Der Artikel wurde ursprünglich auf einem Blog (Medienspiegel) publiziert und dies bereits am 29.März. Die Kommentare scheinen von Schuler aber vollständig ignoriert worden zu sein.
Danke für den Hinweis, Roger.
Die Zeitdifferenz zwischen dem Online-Post des Artikels und der Publikation im Magazin ist über einen Monat. Was will und das sagen bezüglich der Transferleistung von Online zu Papier 😉
Geschwindigkeit ist nicht alles… jede Frau wird Euch das bestätigen.
Für gute Hintergrundartikel bevorzuge ich Papier. Und für Bilder sowieso. Wenn das Papier gut ist und der Drucker seinen Beruf noch richtig kann, dann ist a) das Ergebnis besser und b) kann ich mir das Bild evtl. erst noch an die Wand hängen oder sogar an den Bildschirm klemmen…