Die Geschichte ist im Kern fast zwei Jahre alt. Eine Schweizer Krankenkasse macht ein Rebranding und kriegt das folgende Logo:
Unten rechts am Namen «atupri» ist dieser nochmals in Punktschrift (Braille) geschrieben. Was soll das? Damals (am 1.9.2002) schrieb der damalige Geschäftsführer der Stiftung Zugang für alle, Herr Arnold Schneider (selbst blind), die folgenden Zeilen in einem E-Mail an den Direktor von atupri:
«…Hingegen frage ich mich, was die Blindenschriftzeichen auf Ihren Werbeplakaten bedeuten sollen. Soll das heissen, dass Sie in der Kommunikation mit Kunden speziell auf Blinde und Sehbehinderte und ganz generell auf Menschen mit behinderungen Rücksicht nehmen…
..bei «Qualität à tout prix» ganz offensichtlich vergessen, dass der Internet-Auftritt eines Unternehmens gerade für Blinde und Sehbehinderte viel mehr als «auch wir haben eine Homepage» ist. Sie ist eine primäre und deshalb unverzichtbare Informationsquelle.
Und leider ist nun die Homepage von Atupri alles andere als barrierefrei: viele graphischen Links sind nicht beschriftet, was sie praktisch unbenutzbar macht, und das Formular E111 ist für Blinde, die textorientiert arbeiten müssen, völlig stumm und damit auch nicht brauchbar.»
Seit dem 5. September ist alles neu im Internet bei aturpi. Also Zeit für einen kurze Begutachtung.
Hervozuheben ist, dass bei dem Redesign Rücksicht auf blinde Menschen genommen wurde. Nach technischen Kriterien ist die Site heute für Blinde zugänglich. Wenn auch teilweise über das Ziel hinausgeschossen und möglicherweise «Abkürzungen» genommen wurden (z.B. alle ALT-Attribute auf der Homepage sind — heisst das die Bilder braucht es nicht?).
Das Formular E111 könnte bei der Bestellung eine
Formularvalidierung haben (aber es funktioniert grundsätzlich).
Eher über das Ziel hinausgeschossen sind die vielen Accesskeys , für welche der Screenreader eine Ewigkeit braucht. Der Begriff Metanavigation (bei den Accesskeys) ist auch kaum verständlich und die senkrechten Striche zwischen den einzelnen Navigationspunkten sind nervig (CSS wäre da die Wahl).
Der Button bei der Suche wir bei der Sprachsynthese mit «butStart.gif» angesagt, na ja…. die lieben graphischen Buttons 😉 So auch das Symbol für die Druckversion auf der deutschen Seite: Print Page. Leider wurde hier kaum mit dem Internethilfsmittel für Blinde — einem Screenreader — getestet.
Eher ein grober Fehler sind die fehlenden Grössen bei den PDFs. So auch beim Hinweis für einen Radiospot (MP3) der aktuell auf der Homepage ist.
Die Tabellenstruktur der Navigation verdient (für eine mutmasslich für Blinde optimierte Site) gar einen Screenshot. Kommentare: Gar nicht gut.
Schade dass es nicht für tabellenloses XHTML gereicht hat (das könnte Typo3 gut).
Fast originell mutet in diesem Zusammenhang die Benennung des Spacer-GIFs auf der Site an: http://www.atupri.ch/media/templates/images/blind.gif
Na ja. hundermal besser also früher. Dort funktierte nichts. Aber erfüllt kaum und eine Chance verspielt das Versprechen mit der Punktschrift einzulösen. Ein bisschen mehr Interesse mit Betroffenen zusammen zu arbeiten wäre gut gewesen (z.B. beim Testing mit Blinden). Mal sehen, wie gut die Unterstützung für blinde Kunden bei atupri sonst ist.