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DNS-Umstellung (schnell und mit doppeltem Netz)

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Das neue Webangebot ist bereit, «der Schalter» wurde umgelegt und die Klagen bezüglich der Erreichbarkeit beginnen: «Ich sehe noch immer die alte Site». Dieses Problem ist lösbar und davon handelt der vorliegende Post aus der Serie «Website umziehen, Relaunch, «Moving your Site».
Wird ein Webangebot aufgerufen, so wird der Domänenname wie beispielsweise www.namics.com auf eine technische Adresse abgebildet. Diese Übersetzung in eine IP-Adresse (im Beispiel 195.141.193.123) übernimmt der internetweite Verzeichnisdienst DNS (Domain Name System). DNS ist wegen seiner Grösse als verteilte Datenbank konzipiert und da der Dienst sehr performancekritisch ist, sind zahlreiche Ebenen der Zwischenspeicherung (Caching) vorhanden. Der Architekturansatz bewirkt, dass unterschiedliche User bei der Abfrage unterschiedlich alte Antworten erhalten können. Und da beim «Umlegen des Schalters» in den meisten Fällen nur die IP-Adresse geändert wird führt die Namensauflösung bei unterschiedlichen Usern zum selben Zeitpunkt zu unterschiedlichen IP-Adressen. Einige sehen noch die alte Site und andere bereits die neue.
Der DNS-Dienst bietet über TTL (Time to live) und Seriennummern der Zonen-Dateien zwar Mechanismen um diese Latenz zu minimieren, aber ohne eine technische Diskussion vom Zaun zu brechen ist eine Umstellung die ausschliesslich über DNS erfolgt immer schlechter als der folgende Vorschlag. Noch schlimmer als systematisch die alte Site anzuzeigen ist die Mischung von alten und neuen Diensten was zu einem disfunktionalen Angebot führt. Oder der Bedarf die DNS-Umstellung bei technischen Problemen zurücknehmen zu müssen.
Hier mein Vorschlag zu dem ich gerne Eure Erfahrungen entgegen nehme.
1) Einrichten einer zweiten Domäne für die alte Site

2164-dns-umstellung-1.png

Das alte Angebot (welches später abgestellt wird) soll *zusätzlich* auf einer neuen Domäne ausgeliefert werden. So beispielsweise www1.namics.com einrichten und das alte Angebot für www.namics.com und www1.namics.com konfigurieren. www1 ist nur temporär und wird nach der erfolgreichen Migration wieder deaktiviert. Zudem soll die temporäre Domäne von Suchmaschinen nicht indexiert werden, dies also mit einem robots.txt (nur für die temporäre Domäne) sicherstellen.
2) Weiterleitung (Redirection) alt auf alt testen
Mittels einer Redirection-Regel (HTTP status 302, found) können alle Aufrufe (auch deep links) der Site www.namics.com auf www1.namics.com umgeleitet werden. Diese Weiterleitung erlaubt es den gesamten Traffic sofort zwischen www und www1 umzuschalten (und auch zurück). Zu diesem Zeitpunkt die Weiterleitung erst testen aber noch nicht dauerhaft aktivieren. Als Testkriterium gilt, das bei aktivierter Regel keine Log-Einträge auf Unterseiten mit dem bestehenden Domänennamen vorhanden sein dürfen.
3) Neue Site inkl. Weiterleitung einrichten
Die neue Site nun auf die bestehenden Adresse (www.namics.com) inklusive der ich Schritt 2 genannten Redirection-Regel konfiguriert. Auch hier ist die Weiterleitung noch nicht zu aktivieren.
4) Livegang Schritt 1

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Ist die neue Site bereit, so gilt es die Weiterleitung auf dem System welches die neue Site betreibt zu aktivieren. Danach den DNS-Eintrag der Hauptdomäne auf das neue System umstellen (www.namics.com zeigt nun auf die neue Site). Da die Umleitungsregel aktiv ist, werden alle Aufrufe sofort auf www1.namics.com weitergeleitet und das neue Angebot ist am Markt noch nicht sichtbar.
Nun gilt es solange zu warten bis DNS (inkl. der Caches) die Änderung überall nachvollzogen ist. Dies lässt sich dank der zwei Systeme die nun parallel ausliefern (www nur die Redirects und www1 den echten Inhalt) perfekt nachvollziehen. Als Faustregel müssten alle Aufrufe nach spätestens einem Tag über die Weiterleitung kommen.
5) Livegang Schritt 2

2168-dns-umstellung-5.png

Das Entfernen der Redirection-Regel auf dem neuen System schaltet jetzt per sofort auf das neue Angebot um. Die Site ist live ohne dass auf DNS gewartet werden muss. Die alte Site gilt es vorläufig weiter betreiben für den Fall, dass der Livegang durch reaktivieren der Redirection-Regel zurückgenommen werden.
Das war’s und vielen Dank für Eure Erfahrungen und Idee zur Verbesserung.
Und hier geht es zum Überblick aller Schritte von «Website umziehen».

5 Kommentare

  • Der nachteil bei dieser lösung liegt darin, dass man diese www1 subdomain nie mehr deaktivieren kann, weil es allenfalls leute gibt, die diese url verlinken / speichern und danach wieder darauf zugreifen möchten, oder wie kann man das lösen? Aber ich wüsste auch keine besser lösung, falls es kritisch ist, dass alle zum gleichen zeitpunkt die neue seite besuchen können.

  • Abhaengig von gewissen technischen Randbedingungen gibt es allenfalls noch weitere Varianten, naemlich wenn gar kein DNS-Update noetig ist. Eventuell kann man einfach den host header auf dem Server auf die neue Site wechseln. Oder die IP-Adresse auf den neuen Server zuegeln. Und wenn man einen Dienst wie Akamai (also im Prinzip einfach ein reverse proxy) beansprucht, kann man auch recht einfach den origin umstellen. Als letzte Variante kaeme mir noch network translation auf der firewall oder ein entsprechendes aktivieren/deaktiviern der farms auf einem loadbalancer in den Sinn.

  • @Valentin:
    Vorbereitend zu den hier geschilderten Massnahmen sollte man ja schon die wichtigsten URLs (z.B. 80/20 Regel befolgen) der alten Seite auf die entsprechenden URLs in der neuen Seite mappen. Damit werden werden alte verlinkte oder bookmarked URLs auf die richtigen neuen Seiten weitergeleitet.
    Also z.B. http://www.domain.ch/old/structure/product1 redirected auf http://www.domain.ch/new/structure/product1
    Beim oben geschilderten Livegang richtet man dann zusätzlich zur rausgenommenen Redirect Regel (www auf www1) noch einen umgekehrten Redirect von www1 auf www ein. Dann werden auch Bookmarks richtig weitergeleitet, die währen dieser Übergangsphase

  • @Marcel. Wenn ich genügend «technisches Blech» habe ist die Server-IP wohl kaum je die gegen aussen genutzte (auch wir haben in der Zwischenzeit NAT mit internen IPs nach RFC 1918 und virtualisierte Server etc. ;-). Das hätte ich gleich in die Präambel schreiben können.
    @Valentin. Die Weiterleitung von URLs ist ein eigener Post der Serie. Eine Verlinkung während der täigen Übergangszeit halte ich für vernachlässigbar… so wie David schreibt ändert sich die Site-Struktur sowieso.

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