Erfolgreiche Vermarktung bedingt den richtigen Zeitpunkt und eine individuelle Ansprache – deshalb ist ein Umdenken gegenüber heute gefragt, sowohl im Umgang mit Kundendaten, wie auch bei der Bewertung von Massnahmen und der Aufstellung der Marketing Abteilungen selbst.
Wo liegen die Schwachstellen?
Marketing-Kampagnen verfolgen seit Jahrzehnten den Ansatz, die “tolle Idee” per Push zu verteilen. Und auch wenn sich die Messbarkeit verbessert und es möglicherweise dynamische Anpassungen gibt, so verbleibt das Problem des richtigen Zeitpunktes. Es entstehen nicht nur Streuverluste, möglicherweise hinterlässt die Ansprache auf Stufe eines Empfängers auch einen negativen Effekt. So funktioniert beispielsweise das Login zu einem bereits gekauften Abo gerade nicht und der Abonnent erhält zur selben Zeit ein – glaubt man dem Marketingtext – “attraktives Angebot” zur Verlängerung. Oder der Kunde ist gerade mit einer überfüllten Mailbox und anderen Gedanken beschäftigt und exakt dann schlägt die Kampagne bei ihm auf.
Mit der zweiten Herausforderung bietet sich Unternehmen zugleich eine Chance, nämlich Marketing-Kampagnen individuell zu erstellen und diese für einzelne User auszuspielen. Früher war das aus technischen Gründen nicht möglich, man musste auf Segmentierung nach bestimmten Zielgruppen ausweichen. Dabei nähert man sich nur der Realität an, erreicht diese jedoch nicht. Zudem ist diese Methode bei den aktuellen Datenschutzgesetzen aufgrund benötigter Drittpartei-Daten auch immer schwieriger umzusetzen. Und für die gezielte Ansprache ist sie bei langem nicht ausreichend, wie ein Beispiel zeigt: Jahrgang 1948, zum zweiten Mal verheiratet, vermögend und Hundebesitzer. Das trifft sowohl auf Ozzy Osbourne als auch Prinz Charles zu. Dass diese zwei auf dieselbe Ansprache reagieren, ist allerdings unwahrscheinlich.
Wie können Marketer mit diesen Herausforderungen umgehen?
Erstens: Eine integrierte Customer Journey
Marketing-Massnahmen sollen den Menschen ins Zentrum stellen. Sie müssen stets von den Bedürfnissen und Neigungen des Kunden ausgehen. Es gilt insbesondere, nicht nur Neukunden zu gewinnen sondern mit Blick auf den lebenslangen Kundenwert auch in die Beziehung zu bestehenden Kunden zu investieren.
Dieser Ansatz weicht aber von klassisch orchestrierten Kampagnen ab und bedingt ein Denken in typischen Kundenprozessen, sogenannten Customer Journeys, die sich datenbasiert ermitteln lassen. Diese gilt es mit Emotionen zu versehen und aus Sicht des Kundenwertes zu optimieren, über alle Kanäle und über den gesamten Lebenszyklus der angesprochenen Personen hinweg. Damit können es Unternehmen schaffen, dass ein aktuell verlorener Kunde nach angemessener Zeit wieder ein sehr gut qualifizierter Lead wird.
Zweitens: Ein integrierte Technologie-Landschaft
Das Denken und Handeln in Customer Journeys stellt hohe Anforderungen an die Technologie, insbesondere bei der Sammlung von Verhaltensdaten der User sowie bei deren Auswertung. Beides erfolgt idealerweise in Echtzeit. Denn es geht darum, für einen bestimmten User das beste Angebot in einem konkreten Kontext im aktuell genutzten Kanal zu berechnen. Datensilos, die regelmässig synchronisiert werden, versagen hier ihren Dienst. Organisationen benötigen eine übergreifende Plattform, die für selbst erzeugte und veredelte (first-party) Kundendaten sammelt.
Neben dem geeigneten Kontext müssen in die Erstellung eines optimalen Marketing-Angebotes zusätzlich zu strategischen Überlegungen weitere Faktoren einfliessen: die geschätzte Konversions-Wahrscheinlichkeit, der Beitrag der Konversion zum lebenslangen Kundenwert sowie die Eignung des Produktes für den Kunden. All das sollte über alle Kontaktpunkte, die der Nutzer mit dem Anbieter hat, integriert sein – was wiederum eine gesamtheitlich integrierte Technologie-Landschaft erfordert.
Drittens: Eine integrierte Ausführung
Organisatorische Silos finden sich in der Realität häufig, doch sie hindern Unternehmen daran, personenzentriertes Marketing umzusetzen. Sie führen sowohl bei der Kommunikation als auch bei der Zuteilung von Budgets zu Brüchen. Bevor sich diese beheben lassen, müssen die Beteiligten im Unternehmen vor allem auf einem Nenner sein – was die integrierte Customer Journey sowie die dafür nötigen Daten und die Technologie-Landschaft angeht. Das Marketing fungiert als zentrale Stelle, die ein cross-funktionales Team mit Experten zusammenbringt – sowie Führungskräfte, die bei der Verwendung ihrer Ressourcen aus Sicht des Kundenwertes handeln.
Wie weiter?
Es ist an der Zeit, das Denkmodell des People-based Marketings als neue Realität anzuerkennen und den Marketingaufwand auszubalancieren, der zwischen Neukundengewinnung und Beziehungspflege zu existierenden Kunden besteht. Dafür müssen sich Unternehmen von vorab geplanten Kampagnen und deren Verteilmechansimen verabschieden. Sie müssen ab sofort dauerhaft bereit sein, in Echtzeit auf Bedürfnisse der User und auf deren Zeitpunkt der Kontaktaufnahme zu reagieren.