Sowohl die Frage, wie auch der Reflex kommt immer wieder auf: «Für die Behindertentauglichkeit bieten wir eine Textversion an».
Nein, nein und bitte nein. Eine Version für alle.
Erstens: Eine Textversion ist vergleichbar mit einem Hintereingang für Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind. «Sie wollen uns besuchen? Fahren sie ums Haus an den Mülltonnen vorbei. Dort, wo die Wand verschimiert ist, links und dann sehen sie vor dem Warenlift eine Rampe…». Das ist nicht gleichberechtigt.
Zweitens: Der Aufwand für sie als Betreiber wird grösser und auch die Textversion ist immer ein Kompromiss. So beurteilen sehbehinderte User in Tests Bilder durchaus auch positiv. Und zudem müsste viele verschiedene andere Versionen geben: Noch eine für Menschen mit einer Hörbehinderung, noch eine für Menschen die motorisch eingeschränkt sind etc.
Drittens: Ja nachdem erfüllen sie die gesetzlichen Normen damit nicht. So beispielsweise in Deutschland. Im Kommentar zur BITV [Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung] steht: «Grundsätzlich zielt die Verordnung darauf, Sonderlösungen für behinderte Menschen oder für einzelne Gruppen behinderter Menschen zu vermeiden..»
Viertens: Die Textversion wird immer schlechter sein insb. im Bezug auf Vollständigkeit und Aktualität (auch mit einem Content Management System). Dazu ein Beispiel. Da in England die rechtlichen Rahmenbedingungen ziemlich griffig sind, sah sich auch die Royal Navy bei ihrer Kampagne 99,99% do not need to apply zu Accessibilty berufen (vgl. Footer).
Hier die Erklärung zu Accessibility mit dem Link zur Textversion.
Und hier das Resultat der meisten Seiten.
Schlecht.
Keine (Text Only) Hintereingänge bitte
K
Hallo Jürg
Nicht nein nein nein, sondern kommt drauf an. Die beste solche Lösung ist noch immer die venerable BBC:
Fullversion
http://news.bbc.co.uk/
Textonly / Mobile Version
http://news.bbc.co.uk/text_only.stm
Eine gescheite Reduktion und Selektion und schon ist s vor allem Online viel einfacher brauchbar.
Gruss
Dorian
Interessant ist dass BBC auf eine «low graphics version» verweist, der Link in der URL aber text_only heisst. Gut ist das auf jeden Fall. Aber nicht als Ausweg/Ausrede für Accessibility. Zielpublikum hier insb. auch Mobile.
«Die Behindertentauglichkeit»?
Mal drüber nachdenken. Beim Begriff «Tauglichkeit» dann auf Armee zu kommen ist allerdings nachvollziehbar…
Gibt es eine Referenz für diese Behauptung im Netz?
Muss nicht unbedingt sein, denn neben zusätzlich zu pflegende Text-only Versionen besteht auch die Möglichkeit, Text-Transcoder zu nutzen — davon gibt es eine ganze Menge. Im Gegenteil: durch Transcoder erstellte Text-only Versionen können durchaus positive Effekte haben für die Barrierearmut haben, zumindest für schwer zugängliche Seiten (welche absehbar nicht neu entwickelt werden), ist dies eine schnell umsetzbare Verbesserung. Siehe auch: Giorgio Brajnik «Do text transcoders improve usability for disabled users?»
Ich stimme natürlich überein, dass eine Version für alle die anstrebenswerteste Lösung ist 🙂
Den Text-Transcodern gegenüber bin ich ziemlich kritisch eingestellt, da die Probleme meist im Bereich fehlender Information liegen (z.B. schlechtes ALT-Tag oder Text in Flash). Technische Defizite können (erfahrene) User mit einer Behinderung häufig auch selbst kompensieren.
Die Aussage, dass Bilder von sehbehinderten Usern als positiv beurteilt werden, stammt aus Tests die wir regelmässig durchführen. Die Aussage betrifft nicht eine bessere Nutzung aber «nur» eine angenehme Wahrnehmung, da noch Farben da sind. Die Siezt wird regelmässig als angenehmer empfunden (ohne Nutzen).