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Windows Vista und der hinkende Hüttenwart

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Am letzten Freitag ein lesenswerter (IT-)Artikel in der NZZ:
Wie viele Stopp-Knöpfe braucht ein PC? Ein kurzer Abriss der technischen Geschichte von Betriebssystemen für Computer.
Nehmen wir an Anwendungsprogramme wie Word o.ä. Gäste sind Gäste in einem Restaurant.
Zur Zeit von MS-DOS (und anderen) führten die die Betriebssysteme immer nur ein Programm aufs mal aus. Der Gastgeber was somit in der Sprache der NZZ ein hinkender Hüttenwart. Er konnte stets nur einen Gast aufs Mal bedienen und widmete diesem seine ganze Aufmerksamkeit.
Mit Windows 3.1 und MAC System 7 kam kooperatives Multitasking. Der Wirt konnte mehrere Gäste gleichzeitig bewirten, sofern diese höflich waren und den Wirt nicht über Gebühr beanspruchten…. Mit Windows 95/98 resp. Mac OS 8/9 wurde das Restaurant gründlich renoviert, farbig und modern eingerichtet und der Durchgang zur Küche meist auf 32 Bit verbreitert (hihi).
Erst mit Windows NT/2000/XP resp. MAC OS X nahm präemptives Multitasking Einzug. In der NZZ-Terminologie ein Food-Court mit Restaurants innerhalb des Restaurants und auch Selbstbedienungsbuffets sowie und mehrere Küchen. Der Gast bekommt den Wirt oft gar nicht mehr zu sehen.
So auch bei Windows Vista mit seinen rund 50 Millionen Codezeilen (mehr als 8000 Mal mehr als MS-DOS 1.0) und was jetzt? NZZ sagt: «…stark gewachsenen Software-Stapel. Es gibt in diesem Stapel immer mehr Schichten, die der darüberliegenden etwas vorgaukeln: Eine tut zum Beispiel so, als sei sie ein Windows-Vista-kompatibler PC, obwohl sie nur ein Stück Software ist, das als Anwendung auf einem Macintosh-Betriebssystem aufsetzt.»
Bleiben wir mal bei der Windows-Kantine. Vista lässt nur zertifizierte Gäste (sprich Treiber) ohne Mucken rein. Also Fast Food mit Social Advisor am Eingang (sprich: Türsteher). An den Kernel kommt kein Anwendungsprogramm ran: Also dürfen Gäste (auch zertifizierte) nicht in die Küche kucken. Und wie ist es mit der Hardware-Anforderung an die Gäste? Das sind wahrscheinlich die elitär hohe Preise der Fast Food Gerichte.
Spannender wird es bei der Sicherheitsprüfung der Anwendungen. Will ein Kunden Admin-Zugang (ein Menu auf der Speisekarte ändern) so brauche ich nochmals ein Passwort (Account Protection). Ist das nun die Bewilligung von Charlie Bell (CEO von McDonalds) oder muss ich nochmals aufstehen, raus und rein auf der Kantine für ein neues Login? Die in Userpfaden abgelegten Konfigurations-Daten sind wahrscheinlich die zentral verwaltete Garderobe, in der ich meinen blauen Mantel nie mehr finden werden. Der Firewall und Defender sind Diätberater die plötzlich rein springen (da ich deren Konfiguration nicht wirklich kenne) und Windows Service Hardening sind Privatdetektive die dauernd Prüfungen vornehmen. Beispielsweise meiner Brieftasche, ob es genügend Geld drin hat damit ich sitzen bleiben darf, sonst…
Ganz ehrlich: Mir war der hinkende Hüttenwart auch sehr lieb 😉

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Von Jürg Stuker
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