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Erfolgsabhängige Projektpreise?

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Im Rahmen der Trusted Adivsor Survey der Universität St. Gallen habe ich eine Präsentation eines grossen IT-Dienstleisters in der Hand, welche von vielen Vorteile eines „innovativen Preismodells“ erzählt. Dieses Modell sei gar Grundlage für eine „partnerschaftliche Kooperation“.
Der Einstieg in das Dokument sind Erwartungen des Kunden an eine IT-Partnerschaft wie Reduktion der Kosten und des Risikos, die Steigerung der Qualität, mehr Transparenz und Flexibilität, eine schnellere Time-To-Market plus Reduktion der Governance-Aufwände und „Beeinflussung und Optimierung von IT- und Geschäftsprozessen“. Soweit so gut. Die vorgeschlagene Lösung dafür ist ein aus messbaren Kriterien beruhendes Preismodell und als Beispiel (wohl das Beste, welches der Dienstleister hat) ist eine Fallstudie eines Telekom-Kunden für eine „Test Factory“. Gemäss der Präsentation waren die messbaren Kriterien der Output-Qualität die folgenden:
– Reaktionszeit für Angebot
– Lieferzeit für Konzeption & Spezifikation
– Durchführungszeit für Tests
– Lieferzeit für Reports
– Testwissen gemessen in Mängel-Rückweisungs-Quote
– Testgüte gemessen in Produktions-Mängel-Quote
Nun frage ich mich, was die Kriterien für einen Einfluss auf den Geschäftserfolg des Kunden haben und welche Anforderungen von einem (guten) Dienstleister sowieso immer erfüllt sein müssen (Zeit, Qualität, Budget). Ich meine, dass maximal zwei Kriterien was mit der Ergebnisqualität zu tun haben (und das ist noch nicht der Geschäftserfolg): Testwissen und Testgüte. Also 30% des Projekte variabel und nur 1/3 der Kriterien messen das Ergebnis… Das ist deutlich weniger als der Festpreisaufschlag und/oder die Riskiopauschale.
Zudem sind die anderen Punkt sind ziemlich schräg: Zeit für das Angebot? Was steht den da drin und was hat das mit dem Output zu tun – ohne Angebot bekommt der Dienstleister keinen Auftrag u.s.w. Auch die anderen Punkte machen keine Aussagen über Vollständigkeit, Abdeckung, Benutzerfreundlichkeit u.s.w.
Also haben wir das Dokument im Intranet ein bisschen diskutiert und Andreas Göldi (namics Partner / Teilhaber) brachte die Sache wiedermal auf den Punkt. Das möchte ich Euch (auszugsweise) nicht vorenthalten:
1) Die Kunden wissen normalerweise nicht, wie sie Projekterfolg überhaupt definieren (geschweige denn messen können). Das hat nichts mit Unfähigkeit zu tun, sondern mit der inhärenten Komplexität von IT in grossen Firmen. Darum wird das immer schwierig bleiben.
2) Meistens definieren darum in der Praxis die Anbieter die Erfolgsparameter. Dass solche Modelle sehr komplex sind, ist natürlich bewusst so gewählt.
3) Von solchen Modellen profitiert meistens der Anbieter deutlich mehr als der Kunde, weil der Anbieter meistens die Projektparameter so biegen kann, dass die gemessenen Faktoren am Schluss stimmen
4) Es gibt einen guten Grund, warum für echte Trusted Advisors (z.B. Anwälte) es in Europa verboten ist, auf Erfolgsbasis zu arbeiten. Was rauskommt, wenn man das aufhebt, kann man wunderbar in den USA beobachten, die inzwischen ein komplett dysfunktionales Rechtssystem haben. Leider setzen solche Erfolgsprämien für den Anbieten oft die falschen Anreize. Das überlegen sich die Kunden nicht genug.
Uns jetzt? Erfolgsabhängigkeit ja, aber wie bei den (nützlichen) Boni müssten die Kriterien langfristig sein und sie müssten den echten Geschäftserfolg messen. Besteht zudem die Gefahr eines Interessenkonflikts (lieber die Messkriterien opttmieren als die Ziele/Anfoderungen des Kunden). Die verstösst gegen unsere ethischen Prinzipien und wir bieten nicht an, oder wir ziehen uns zurück.
Hat jemand bessere Ideen oder Erfahrungen?

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