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Das letzte Aufbäumen von Associated Press (oder DRM reloaded)

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Eine interessanter Artikel im Spiegel, wie Associated Press (non-profit Nachrichtenagentur, die 1400 angeschlossenen Zeitungsverlegern gehört) meint all ihren Content online zu Geld machen zu können: Wie AP Wikipedia schlagen will.
Teile der Idee sind für mich so unrealistisch, dass ich gar nicht weiss, wo ich beginnen soll. Inhalte die von AP-Mitgliedern hergestellt werden, werden im Internet re-publiziert und der Urheber meint dafür nicht genügend Geld zu bekommen. Und das soll nun mit einem «Schutzsystem verhindert» werden.
Zuerst zur Verteilung, denn hier gibt es ganz unterschiedliche Fälle. Ein Kristallisationspunkt ist Google, die Zitate aus AP-Erzeugnissen in Trefferlisten der Volltextsuche aber auch auf Google News zitieren und dort mit AdWord-Werbung Geld verdienen. Zwar ist es nur ein Zitat des Originals und der Rücklink auf die Originalquelle ist vorhanden und lesbar. Damit generiert Google Besucher auf der Quellseite und gibt auch Reputation zurück. Für mich stimmt hier alles, doch Tom Curley, President und CEO von AP meint dazu: „»If someone can build multibillion-dollar businesses out of keywords, we can build multihundred-million businesses out of headlines, and we’re going to do that,» (Quelle: NYT: A.P. Cracks Down on Unpaid Use of Articles on Web). Zusätzlich gibt es natürlich Blogger und andere Schreiberlinge welche dasselbe in ihren Texten tun. Problematisch sind aus meiner Sicht nur (Spam-) Blogs resp. Aggregatoren, die Quellen intergral republizieren und keinen Verweis auf das Original anbringen.
Sehr interessant ist, dass auch Wikipedia als „Feind» gesehen wird. Bei wichtigen Nachrichten (zitiert wird beispielsweise der Tod von Michael Jackson) werden die Beiträge sofort um Links ergänzt und wegen dem guten Google-Ranking von Wikipedia übernimmt es die Funktion der ersten Anlaufstelle. Zwar ohne eigene Werbung, aber das scheint AP nicht zu kümmern. So steht nach Aussage von Spiegel im AP-Papier «Die Wikipedia-Seite zum Thema Michael Jackson enthalte mehr blaue Hyperlinks als schwarzen Text» und «Mit der Hilfe von sozialen Netzen wie Twitter und Ressourcen wie Wikipedia gewinnen die Nutzer noch mehr Kontrolle über ihren Nachrichtenkonsum.» Ja?
Die AP-„Lösung» um diese ungewollte Verbreitung in den Griff zu bekommen heisst News Registry und wurde in einer Pressemitteilung (wie sonst?) angekündigt: Associated Press to build news registry to protect content. Technisch handelt es sich dabei um ACAP (Automated Content Access Protocol). Das Funktionsprinzip hat John Biggs bereits nett veralbert. Im Kern ist es ein DRM-System (Digital Rights Management) und 1:1 vergleichbar mit den Ansätzen der Musik-Industrie, die bekannterweise ja alle gescheitert sind. An ein funktionierendes DRM kann, solange der Mensch Inhalte analog aufnimmt, kein vernünftiger Mensch glauben.
Ziel ist es nicht nur „normale» Links zu verbieten aber tatsächlich auch bereits für Zitate Geld verlangen zu können. Da hat bereits ein Blogger dazu genutzt ein Zitat von Thomas Jefferson aus einem Zeitungsartikel als Zitat für USD 12 zu lizenzieren: „The AP Will Sell You a «License» to Words It Doesn’t Own»
Meine Meinung: Alles falsch. Die Meisterleistung des Internets ist die Adressierbarkeit aller Elemente und darauf aufbauend die Vernetzbarkeit über verschiedenste Anwendungen: Hyperlinking. Die AP-Idee vernachlässigt dieses Prinzip und nimmt dem „Ansatz-Internet» eine Kraft.Ohne verteilte Zitate gibt es auch kein Interesse. Um das zu verstehen muss man kurz einem Fischverkäufer zugeschaut haben.
Einverstanden: Gute Inhalte kosten Geld… aber die Regeln der Vermarktung und des Verkaufs haben sich geändert. Weshalb hat Apple den Musikmarkt revolutioniert und nicht ein traditioneller Musikverlag. Anstelle sich auf den Standpunkt des Urhebers zu stellen könnte man mal an den Konsumenten denken. Für was würde er — gelockt von Gratis-Inhalten — eine Zahlungsbereitschaft habe. Ich aus jeden Fall, kaufe meine Musik seit iTunes (ohne DRM) wieder…
PS: Natürlich hat auch Google eine Meinung dazu: Some questions related to Google News and the Associated Press.

4 Kommentare

  • Heute ist es AP, gestern war es Murdock oder eine deutsche Tageszeitung. Sie alle wollen Geld, was verständlich ist, aber der Weg ist falsch. Zunächst wollen sie nämlich den Zugang zu ihren Daten blockieren. Was macht man da? Die Blockade umgehen, oder sich eben eine andere Quelle suchen. Mit dieser Strategie erreichen sie also höchstens, dass ihre Marktposition geschwächt wird.

    Andere wie die New York Times oder der Guardian oder BBC oder ABC und selbst Reuters gehen den umgekehrten Weg: sie öffnen ihre Daten über eine API. Der Wert und das Potential sind enorm! Bei welcher deutschen Tageszeitung kann ich das Archiv digital bis 1981 einsehen?

    Auf Basis der API, deren Zugang grundsätzlich erstmal kostenlos ist, werden von Dritten Anwendungen entwickelt. Diese verdienen irgendwann Geld. Und nach ein oder zwei Jahren verlangt der Content Provider ab einem bestimmten, nicht zu niedrig angesetzten Schwellenwert ein Nutzungsentgelt. So partizipiert er an den Gewinnen der Anwendungen, die seine API nutzen. Zuerst hat er seine Marktrelevanz gesteigert und sich über die API zu einem integralen Bestandteil des Geschäftsmodells Dritter gemacht. Und so verdient man mit Nachrichten auch Geld im Internet, nicht mit DRM!

  • ach wie gut, dass es diesen Blog gibt 😉 und ich in den Ferien sowas mitbekomme..
    Aus meiner Sicht, wird das gehörig floppen. Steckt da Gier dahinter? Diese lähmt bekanntlich das logische Denken. Oder es ist wie bei einem Ertrinkenden, der wild fuchtelt, obwohl er schwimmen kann.
    AP verschliesst sich der Realität statt sie zu nutzen. Schade, das fänd ich viel spannender.

  • das beispiel zeigt erschreckend deutlich, wie wenig die bosse und chefstrategen vom netz begriffen haben. vermutlich alles leute, die sich ihre emails noch ausdrucken lassen und nicht wissen, was ein browser ist.

Von Jürg Stuker
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