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Intelligenzblatt – Wirklich viel nachgedacht?

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Die Schaffhauser Nachrichten bieten ihre Inhalte auf dem Web seit Donnerstag nur noch gegen Geld resp. für bezahlende Print-Abonnenten an. Die Branche freute es, dass endlich jemand das Experiment wagt, lobt das Vorgehen in ersten Umfragen scheu, gibt stark regionalen Inhalten (im Gegensatz zu News) eine Chance und schiebt gleich in den Satz rein, dass die es nicht so tun werden. Und ich schaue mir die Site der Schaffhauser Nachrichten endlich mal an.
Das erste was mir dabei ins Auge springt ist der Seitentitel, der in der Trefferzitaten bei Google einen prominenten Platz findet („andere» Inhalte gibt es ja auf für Crawler nicht mehr): Intelligenzblatt.

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Komisches Selbstverständnis – nicht wirklich sympathisch. Aber darum geht es ja nicht, aber um die Frage, ob das mit der Bezahlung intelligent gemacht ist. Ich meine nein. Die Homepage ist mit „Schlössern» zugekleistert… sieht es im Verlies des Munot möglicherweise so aus?

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Und tatsächlich es gibt nichts mehr zu lesen ausser Titel. Nach meiner Ansicht der falsche Ansatz, denn auch bei jedem Marktstand gibt es als Argument für einen Kauf ein „Versucherli». Vom negativen Effekt auf die externe Verlinkung (soziales Web auch schon in SH angekommen) und die damit verbundene Erschliessung und Rangierung durch Suchmaschinen ganz zu schweigen.
Eher in der Kategorie lustig zu Hause ist der Bildschirm den ich erhalte, wenn ich auf einen Deeplink klicke. So beispielsweise auf das „Lesen Sie mehr» bei der heutigen Top-Story oder auf einen Link bei Google (die alten Seiten sind sowohl in Index wie auch im Cache noch drin).

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Nun fehlt mir möglicherweise der Lokalkolorit, aber bei besten Willen kann ich die «Meier-ID» geistig nicht mit den Schaffhauser Nachrichten verbinden. Aber schliesslich ist es mir bei «Intelligenzblatt» ja auch nicht spontan gelungen und da es ja keine Inhalte gibt um es zu be- oder widerlegen, gehe ich mal getrost in das sonnige Wochenende.
PS: ACAP ist als «Silver Bullet» wohl auch wieder gestorben

8 Kommentare

  • Ich denke Meier-ID ist das gemeinsame single-sign-on System schweizerdeutscher Newsmedien fuer semi-professionelle Leserbriefschreiber / Artikelkommentierer.

  • Man muss die Pay-Wall nicht gut finden – aber man sollte deswegen gewachsene Traditionen nicht lächerlich machen:
    Das Schaffhauser Intelligenzblatt wurde 1861 gegründet und war im 20. Jahrhundert der (Bildungs-)bürgerliche Gegenpol zur linken Schaffhauser Arbeiterzeitung. Intelligenz vs. Arbeiterschaft. Du verstehst.
    Kein «unsympathisches Selbstverständnis» also, sondern starke Wurzeln. Und das finde ich – bei allem Unverständnis über die Pay-Wall – wiederum sehr sympathisch.

  • super, dass das mit dem intelligenzblatt mal jemand erklärt. habe mich mit herrn neininger in seinem famosen blog auch schon darüber zu unterhalten versucht, aber so einleuchtend hat er die erklärung nie hingekriegt.
    seine paywall scheint mir auf einem ähnlich tiefen niveau wie sein blog:
    http://neininger.wordpress.com/
    henusode.

  • Zum Intelligenzblatt: dieser Name fand sich im 19. Jh. unter ziemlich vielen Zeitungen, er bedeutete im lateinischen Wortsinn Blatt für «Verständigung, Verständlichmachung» – das hat mit unserer heutigen Interpretation dummerweise nichts mehr zu tun.
    Relativ viele Szenewörter des 19. Jh. haben heute andere Bedeutungen, «Gemüthlichkeit» würde man z. B. heute mit «Emotionalität» übersetzen.

  • Hab mich gestern dort bei Meiers registriert. Hat etwa 20 Minuten gedauert. Gut, war via iPad, aber trotzdem die volle Dröhnung, Kommentar mit lauter Pflichtfeldern inklusive Geburtstag, dann kam eine Frage wegen der Lieferadresse meines Online-Abos, dann eine Rechnung als PDF über CHF 0.- mit Einzahlungsschein. Da hat einfach jemand, nämlich eben die Meier + Cie AG, die bestehende Webshop-Infrastruktur genommen, um darauf das Abo aufzusetzen. So lustige Beispiele mit Lieferadressen für virtuelle Güter hab ich schon vor fünf Jahren in «Was User lieben, was sie hassen» gezeigt, glaub anhand einer Spende bei Greenpeace oder so.
    Ich find’s auch gut, dass Neininger es probiert, aber niederschwellig ist nun wirklich anders und, ehrlich gesagt, ernstgemeint auch.

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